Wenn nachts die Energie sinnlos verpufft...



Erfahrungsaustausch übers Internet: Die Gymnasiasten des Suttnergymnasiums fassen ihre Erfahrungen auf einer Homepage zusammen (Foto: hit)

  
Aus der Neu-Ulmer Zeitung vom 6. Oktober 2000

Schüler des Suttner-Gymnasiums decken Verschwendung auf - Preis für umfassende Analyse

Neu-Ulm/Pfuhl (hit). Schon wieder ein Preis: Die Energie-Arbeitsgemeinschaft des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums wird am Wochenende von der Tutzinger Stiftung zur Förderung der Umweltbildung ausgezeichnet. Belohnt wird damit ein Energiespar-Projekt der Schüler, bei dem sie die Heizung unter die Lupe genommen hatten.

Die Ergebnisse der Studie wurden inzwischen auch im bayerischen Landtag zur Kenntnis genommen. Am Anfang stand der kreisweite Wettbewerb zum Energie-Sparen an den Schulen. "Wir wollten mal wissen, warum es in manchen Räumen immer zu heiß, in anderen dagegen zu kalt ist", begründeten die Pfuhler Schüler damals ihr Interesse. Und sie fingen an die Temperaturen zu messen. Wir gingen davon aus, dass wir mit umweltbewusstem Verhalten die Heizkosten senken könnten, berichtete Margit Fluch.

Nachts verpufft Energie
Doch die akribischen Messungen der Schüler brachten etwas anderes an den Tag: Ihr eigener Beitrag durch kontrolliertes Öffnen und Schließen der Fenster nimmt sich bescheiden aus. Ein großer Teil der Energie verpufft in der Nacht. Der Grund: Die einprogrammierte Absenkung der Temperatur funktionierte nicht. Die AG-Mitglieder forschten weiter nach Ursachen, stiegen immer tiefer in den Keller und in das Studium der Heizanlagen-Technik ein.

In Gesprächen mit Experten der Fachhochschulen Ulm und Biberach sowie der Handwerkskammer eigneten sie sich eine Menge Wissen an und fanden schließlich den Schlüssel: Das Wasser war nicht gleichmäßig auf die Heizkörper verteilt, weil der hydraulische Abgleich damit ist das mechanische Einregulieren der Wasserströme gemeint fehlte. Damit nützen alle anderen Energiesparmaßnahmen nichts, so die These der Gymnasiasten. Denn der Abgleich ist die Voraussetzung dafür, dass beispielsweise die Thermostatventile richtig funktionieren.

Fürs Pfuhler Gymnasium errechneten die Schüler ein Einsparpotenzial von 35 Prozent, das wären etwa 15.000 Mark jährlich, wenn die Wasserverteilung stimmen würde. Erschreckend fanden sie die Experten-Aussagen, denen zufolge der hydraulische Abgleich bei fast allen öffentlichen Gebäuden fehlt. Und das, obwohl er sowohl für den Einbau neuer als auch die Sanierung alter Heizungen vorgeschrieben ist.

Die Schüler und ihre Lehrerin Margit Fluch bohrten weiter: Wie kann es sein, dass diese Vorschrift fast nie eingehalten wird? "Wir gingen davon aus, dass nicht alle Heizungsbauer oder Ingenieure unfähig oder kriminell sind." Also musste der Fehler im System liegen, sagt Margit Fluch.

Das Problem liegt ihrer Meinung nach darin, dass das Einregulieren der Wasserströme aufwendig und teuer und bei einer Sanierung vorab kaum kalkulierbar sei. Da bei der üblichen Vergabepraxis der günstigste Bieter den Zuschlag erhält, würde der hydraulische Abgleich nur dann zu einem realistischen Preis angeboten und ausgeführt, wenn allen klar wäre, dass die Leistung auch überprüft wird. Letzteres wäre aber eine Sonderleistung, die extra vereinbart und vergütet werden müsste. Hinzu kommt, dass in der üblichen Sanierungspraxis meist Einzelmaßnahmen ausgeschrieben werden, ohne dabei den Blick aufs Gesamtsystem zu richten.

Die Gymnasiasten schlagen deshalb vor, die Arbeiten nach dem Energiespar-Contracting zu vergeben. Das heißt, der Handwerker oder Ingenieur wird auf eine bestimmte Energiesparleistung verpflichtet. Diese Praxis ist laut Margit Fluch bereits möglich und wird vom Bayerischen Umweltministerium gefördert.

Austausch im Internet
Mit ihrer Arbeit haben die Pfuhler Gymnasiasten nicht nur den kreisweiten Wettbewerb gewonnen. Sie haben ihre Ergebnisse im Kreistag und inzwischen auch vor Landtagsabgeordneten in München vorgetragen. Sie richten derzeit eine Homepage ein, unter anderem um ihre Erfahrungen mit anderen Schulen auszutauschen. Am Sonntag erhält die AG den Preis der Tutzinger Stiftung zur Förderung der Umweltbildung.

Margit Fluch hofft allerdings, dass sich der Fleiß ihrer Arbeitsgruppe nicht nur in Preisen auszahlt, sondern auch Konsequenzen auf der politischen Ebene nach sich zieht. So nimmt man im Landratsamt die Studie der Schüler durchaus ernst.

Für den Austausch des Heizkessels im Pfuhler Gymnasium liege momentan ein Entwurf für einen Contracting-Vertrag mit den SWU vor, bestätigt Matthias Pfeffer vom Hochbauamt des Landkreises.

Er werde Ende Oktober dem Umwelt- und Werkausschuss vorgestellt. Wir sehen das als Pilotversuch, sagt Pfeffer. Denn wir müssen ja auch erst Erfahrungen mit solchen Modellen sammeln.

Abgetippt von Sabine Sorger