Energiesparprojekt 1998/99
der landkreiseigenen Schulen
des Kreises Neu-Ulm
Schlußbericht Bertha-von-Suttner-Gymnasium Pfuhl
Erkläre mir,
und ich werde vergessen.
Zeige mir,
und ich werde mich erinnern.
Beteilige mich,
und ich werde verstehen.
Leitspruch der ÖKO-HS Scheiblingkirchen (Ö)
0. Inhalt
- Einleitung
- Durchführung des Projekts
- Ergebnis der Ermittlungen
- Auswertung der erhobenen Daten
- Bewertung der bei der Heizung
aufgedeckten Mängel
- Die von der Energiespar-AG erzielten
Einsparungen
I. Einleitung
Im Juli 1998 hat unsere Schule beschlossen, sich an dem vom
Kreistag ausgeschriebenen Energiesparprämienprogramm
landkreiseigener Schulen" zu beteiligen.
Das Programm sieht vor,
- die Schule anteilig an den Energieeinsparungen zu
beteiligen, die durch nichtinvestive Maßnahmen erreicht werden
können ( 30% zur freien Verfügung, 40% für Maßnahmen, die mit
Energieeinsparen in Zusammenhang stehen)
- von der Schule vorgeschlagene, dem Energiesparen dienende
Maßnahmen durchdurchzuführen, falls diese sich kurzfristig
(Zeitraum ca. 6Jahre) amortisieren.
Ich erhielt die Aufgabe, im Rahmen einer Energiespar-AG mit
Schülern der Klassen 8 bis 13 (zweistündiger Wahlunterricht) für
die gewünschten Energieeinsparungen zu sorgen.
Eine solche Aufgabe ist ohne vielfältige Hilfen personeller,
materieller, vor allem aber professioneller Art nicht zu
lösen.
Der Erfolg unserer Energiespar-AG ist zum einen der Einbeziehung
einer großen Zahl von weiteren Schülern, zum anderen aber vor
allem der tatkräftigen und vorbehaltlosen Unterstützung vieler
Einzelpersonen und Organisationen zu verdanken, bei denen ich mich
an dieser Stelle auch ganz persönlich herzlich bedanken
möchte.
Mein Dank gilt
- dem Landratsamt Neu-Ulm,
insbesondere Herrn Opitz, Herrn Pfeffer und Herrn Morche für
die reibungslose, insgesamt auch sehr vertrauensvolle
Zusammenarbeit, die sich nicht nur in einer unbürokratischen
Bereitstellung von Geldmitteln für Literatur, Reisekosten,
Thermometer ect. zeigte, sondern auch in einer für Behörden
gewiß nicht selbstverständlichen, offenen
Informationspolitik. Wir brauchten und erhielten alle
Informationen über den Zustand der technischen Anlagen, über
bereits getätigte bzw. geplante Sanierungsmaßnahmen sowie die
Erlaubnis, mit den zuständigen Planern und Handwerkern Kontakt
aufzunehmen.
- dem Elternbeirat,
insbesondere Herrn Dr. Jobs, auch Elternbeiratsvorsitzender,
für seine fortlaufende, professionelle Hilfestellung bei der
Planung und Strukturierung des Projekts, sowie Herrn Kühl für
die Herstellung von Kontakten zur Handwerkskammer.
- Herrn Dr. Erlwein von der Deutschen Gesellschaft für
Umwelterziehung (Betreuer von 16 Bayerischen
Energiesparpilotschulen) sowie Herrn Dr. Bube und Herrn Raab
vom Gymnasium Puchheim (Pilotschule beim
Energiesparprämienprogramm des Landkreises Fürstenfeldbruck)
für den lebhaften Erfahrungsaustausch.
- den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm (SWU),
insbesondere Herrn Siebert, Herrn Mangold und Herrn Bitterolf
(Energieanalyse, Bereitstellung von Meßwerterfassungssystemen,
Ansprechpartner für Fachfragen).
- der
Fachhochschule Ulm,
insbesondere Herrn Prof. Dr. Bubenzer und Herrn Ziegler
(Einladung zu Fortbildungsveranstaltungen, umfassende
Betreuung in allen Fragen der Energietechnik).
- der
Fachhochschule
Biberach,
insbesondere Herrn Prof. Dr. Haibel und Herrn Sperr (Einladung
zu einer Fortbildungsveranstaltung; Beratung bei Fragen der
Gebäudeklimatik).
- der Handwerkskammer Ulm,
Einladung zu Fortbildungsveranstaltungen, Ansprechpartner für
Fragen der Praxis, Vermittlung von Kontakten zu
Heizungsinstalleuren, Heizungselektronikern, Fachfirmen.
Mein Dank gilt nicht zuletzt der Schulleitung sowie allen
Kollegen, die die Arbeit unserer Gruppe im Rahmen ihres
Unterrichts, durch Diskussionsbeiträge oder auch nur durch
geduldiges Zuhören unterstützt haben, das sind u.a. Herr Ehrhardt,
Frau Dorn, Herr Martin, Frau Ritter, Herr Stierhof und vor allem
mein Mann.
II. Durchführung des Projekts:
Die hauptsächliche Erwartung der Schüler an den Kurs war: Durch
ihr Engagement einen deutlichen, meßbaren Beitrag zur Entlastung
der Umwelt leisten zu können.
Theoretisches Interesse, wie etwa für die physikalischen
Hintergründe des Energiesparens oder die Möglichkeiten der
Energiemessung waren als Motive für die Kurswahl eher von
untergeordneter Bedeutung.
Dagegen wurde die Aussicht auf eine enge Zusammenarbeit mit
Behörden und Institutionen als sehr positiv bewertet.
Energie wird an unserer Schule haupsächlich in Form von Wärme
verbraucht (90%). Um mit ihren Anstrengungen einen möglichst
großen Effekt zu erzielen, beschloß die AG, sich zunächst auf die
Heizung zu konzentrieren, und den Bereich elektrische Energie an
die 10. Klassen zu delegieren.
Sie sollten später im Rahmen des regulären Unterrichts
(Schülerübungen) eine Bestandsaufnahme aller Verbraucher
elektrischer Energie durchführen, um auch dort einen Überblick
über die Größenordnung möglicher Einsparungen zu erhalten
Wenn die Kraft klein und das Ziel groß ist, braucht man starke
Bundesgenossen. Die Lage unserer Schule ist hier sehr günstig. Es
gibt im Raum Ulm eine Menge von Institutionen, die sich mit dem
effizienten Einsatz von Energie beschäftigen: Neben den
Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm sind das die Fachhochschule Ulm, Bereich
Energietechnik, das Steinbeis-Energiezentrum, die Solarstiftung
Ulm/Neu-Ulm, sowie im erweiterten Umfeld die Fachhochschule
Biberach mit Fachbereich Gebäudetechnik, Gebäudeklimatik. Daneben
gibt es noch als lokale Besonderheit den in der Region
hochgeachteten und einflußreichen unw (Ulmer Initiativkreis für
nachhaltige Wirtschaftsentwicklung e.V.), zu dessen Zielsetzung
auch die Förderung klimaschonenden Verhaltens beim
Energieverbrauch gehört.
Die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm boten an, im Rahmen des mit der Stadt
Ulm vereinbarten Förderprogramms zum Energiesparen auch für unsere
Schule eine computergestützte Energiediagnose zu erstellen. Herr
Siebert, Energieberater der SWU, ermittelte den Wärmebedarf des
Gebäudes unter Normbedingungen, um so durch Vergleich mit dem
tatsächlichen Verbrauch die Größenordnung möglicher Einsparungen
durch die Nutzer zu erhalten.
Herr Prof. Dr. Bubenzer bot der Schule die Unterstützung der
Fachhochschule Ulm an. Um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit
zu erkunden, besuchte er am 25.11.1998 zusammen mit zwei
Fachingenieuren, Herrn Ziegler und Herrn Zimmermann, unsere
Schule. Sein Resumee nach dem anschließenden Energierundgang, an
dem neben der Energiespar-AG auch die Schulleitung, der
Elternbeiratsvorsitzende, sowie weitere interessierte Kollegen und
der Hausmeister teilnahmen: Auf den ersten Blick läßt sich schon
in nullter Ordnung" erkennen, daß die Schule große
Energieeinsparpotentiale besitzt.
Diese Einschätzung stimmte die AG hoffnungsfroh, deckte sie sich
doch mit ihren eigenen Beobachtungen: Die Räume erschienen ihr
vielfach überhitzt, vor allem in der kalten Jahreszeit, als
Thermostat" wurde nach allgemeiner Beobachtung oft das Fenster
eingesetzt. In der Übergangszeit schien sich die Heizung bisweilen
gegenteilig zu verhalten, aus manchen Räumen kamen dann Klagen,
daß es zu kalt sei. Diesbezügliche Meldungen von Schülern oder
Kollegen wurden in der Vergangenheit allerdings stets damit
erklärt, daß man es halt nie allen gleichzeitig recht machen
könne. Es würde immer Leute geben, denen es zu warm sei und
solche, die im gleichen Zimmer frieren.
Um die subjektiven Eindrücke der AG auf breitere Basis zu stellen,
startete sie eine systematische Umfrage unter allen Schülern
(Anlage 1). Ihr Ergebnis bestätigte die Eindrücke der
AG-Teilnehmer: Nur ein Drittel der Klassen empfand die Temperatur
in ihrem Zimmer als angenehm,den meisten Klassen war es zu warm!
(Anlage 2). In diesen Klassen wurde stets auch gleichzeitig bei
der Frage zum Lüftungsverhalten angegeben, daß der Grund für das
Lüften die zu hohe Temperatur sei.
In einem Gespräch mit dem Personalrat erfuhr ich, daß für das
Schulzentrum Pfuhl bereits ein umfangreiches Gutachten über
mögliche Energieeinsparungen vorliegt. Es machte keine Mühe, vom
Landratsamt das Originalgutachten zur Einsichtnahme zur Verfügung
gestellt zu bekommen. Herr Pfeffer besorgte uns darüberhinaus auch
noch die einschlägigen Kreistagsbeschlüsse.
Aus dem 1995 von den Ebert-Ingenieuren München vorgelegten Gutachten
geht hervor, daß am Gymnasium ein Energieeinsparpotential von rund
35% besteht, das größtenteils im Rahmen der kurz- und
mittelfristig anstehenden Sanierungsmaßnahmen realisiert werden
kann (Zusammenstellung in Anlage 3).
Das Bauamt hat darin empfohlene Maßnahmen dem Kreistag zur
Ausführung vorgeschlagen, der Kreistag ist dem Beschlußvorschlag
in allen Punkten gefolgt. Der Beschluß umfaßte nicht nur nötige
Sanierungsmaßnahmen, sondern sah als Energiesparmaßnahme im
Bereich der Anlagentechnik auch den Einbau einer
Einzelraumregelung vor.
In den anschließenden Jahren waren Sanierungsmaßnahmen
durchgeführt worden:
- Einbau geregelter Pumpen,
- Umstellung eines Teils der Anlage auf DDC-Regelung
- Austausch von veralteten, verstellbaren
Heizkörperthermostaten auf für Schüler unverstellbare,
gesicherte Behördenmodelle.
Die vorgesehene Einzelraumregelung wurde nicht realisiert.
Nach soviel planmäßiger Sanierung hätte eigentlich alles in
Ordnung sein müssen. Umso unverständlicher waren der AG die wenig
zufriedenstellenden Raumtemperaturen.
Als die Energiespar-AG ihre Beobachtungen am 8.1.1999 im
Landratsamt vortrug, war auch dort die Verwunderung groß.
Man war mit dem Vorschlag der Energiespar-AG einverstanden, die
subjektiven Schülerempfindungen durch Messungen zu objektivieren,
und sagte die Kostenübernahme für alle Thermometer zu. Herr
Pfeffer stellte darüberhinaus aus dem Bauamt noch einen
Thermographen für fortlaufende Temperaturaufzeichnungen zur
Verfügung.
Datenerhebung durch die Schüler im Heizungsbereich:
Mit den Mitteln des Landratsamtes wurden 10 einfache
Maximum-Minimumthermometer (Meßgenauigkeit 1K), 5 Eichthermometer
(Meßgenauigkeit 0,2K) sowie 200 einfache Alkoholthermometer auf
Holzbrettchen (Meßgenauigkeit 1K) angeschafft.
In einem aufwendigen Verfahren haben die Schüler daraus mit Hilfe
der Eichthermometer für jedes Klassenzimmer zwei auf 0,5K genaue
Thermometer ausgewählt, mit selbstklebender Folie versehen und sie
an der jeweils wärmsten und kältesten Stelle im Klassenzimmer
aufgehängt. Dazu haben sie noch jeden Raum mit einem Meßblatt
versehen (Anlage 4).
Die Energiesprecher der Klassen wurden gebeten, in das Meßblatt
alle zwei Schulstunden die beiden gemessenen Temperaturen
einzutragen (Anlage 5).
Mit Hilfe der Maximum Minimumthermometer stellte die
Energiespar-AG fest, daß in keinem Gebäudeteil eine Nachtabsenkung
zu erkennen war.
Zur Überprüfung dieser verblüffenden Entdeckung wurden mit dem
Thermographen des Landratsamtes und sechs genauen
Temperaturerfassungssystemen der SWU (Meßgenauigkeit 0,2K)
fortlaufende Temperaturaufzeichnungen über mehrere Tage
durchgeführt.
Eine zusätzliche Informationsquelle erschloß sich den Schülern
durch eine lasergestützten Meßpistole der SWU. Mit ihr bestimmten
sie Temperaturen von Fenstern, Fensterrahmen und Wandflächen. Sie
maßen und beobachteten damit außerdem über einen längeren Zeitraum
Vor- und Rücklauftemperatur einzelner Heizkörper.
Desweiteren unterwarfen die Schüler in einem Energierundgang alle
Heizkörper und Thermostatventile einer kritischen Prüfung (Anlage
6).
Die Beobachtungen wurden durch Befragungen des Hausmeisters sowie
der an den Sanierungsarbeiten beteiligten Firmen ergänzt.
Datenerhebung durch die Schüler im Strombereich:
Die Klassen 10b und 10c haben im Rahmen von Schülerübungen an zwei
Nachmittagen sämtliche Verbraucher von elektrischer Energie
(Anlage 7) erfaßt.
In Fluren und Klassenzimmern wurden mit einem Luxmeter
stichprobenartig Beleuchtungsstärken ermittelt. Es ist geplant,
im Rahmen von Schülerübungen am Ende des Schuljahres die Messungen
auf eine größere Zahl von Klassenzimmern auszudehnen.
III. Ergebnis der Ermittlungen der Energiespar-AG:
- Die Auswertung der Temperaturmessungen ergab: Die von den
Klassen in der Umfrage gemachten Aussagen sowie die eigenen
Beobachtungen der Energiespar-AG sind objektivierbar:
Es gibt Räume, die eindeutig zu warm, und solche, die zu kalt
sind.Das Verhalten kann in einem Raum von einem Tag auf den
anderen wechseln. Nach Tagen mit einer Durchschnittsemperatur
von 22°C kann plötzlich eine Periode mitTemperaturen zwischen
18°C und 19°C kommen. Besonders originell sind die
Temperaturen im Sekretariat: Bei Außentemperaturen von 0°C
waren nur durch Dauerlüften erträgliche Temperaturen zu
erreichen, während bei großer Kälte, aber auch in der
Übergangszeit mit einem elektrischen Heißluftofen stundenlang
zugeheizt werden mußte (Heizleistung der eletrischen Öfen in
Sekretariat und Direktorat: 4kW!).
Diese Meßergebnisse bestätigen einerseits die seit Jahren
gemachten Aussagen von Schülern und Kollegen, daß sich das
Verhalten der Heizung in undurchschaubarer Weise ändert. Das
wechselhafte Heizungsverhalten verhindert aber auch eine
Zuordnung der Umfrageergebnisse zu den von den
Energiesprechern gemessenen Temperaturen.
- Unterschiedliches Temperaturverhalten zweier Räume kann
nicht automatisch mit unterschiedlicher Lage (Norden, Süden)
oder unterschiedlich starker Sonneneinstrahlung erklärt
werden. Nebeneinanderliegende Räume gleicher Belegung und
gleicher Größe zeigten bei Sonne unterschiedliches Verhalten,
ein Raum auf der Nordseite kann lt. Messungen zur gleichen
Zeit durchaus wärmer sein als ein Raum auf der Südseite.
- Die Temperatur lag in den meisten Fällen zu
Unterrichtsbeginn vorschriftsmäßig zwischen 18°C und
19°C. Abgesehen von den Fällen mit dauerhafter Tagabsenkung"
(siehe Punkt 1) stieg sie dann nach Unterrichtsbeginn um
mehrere Grad. Sieht man von diesem Erstanstieg ab, findet man
neben Räumen mit geringen Temperaturschwankungen zwischen 20°C
und 22°C solche mit starken Schwankungen (bis zu 5K).
- Die installierte Nachtabsenkung funktionierte in keinem der
Bauteile. Die über alle Tage (einschließlich Wochenende)
gemittelte Temperatur lag in den neun über mehrere Tage
vermessenen Räumen zwischen 20°C und 21°C!
- Die Heizkörper wiesen z.T. nur eine Temperaturspreizung von
5K auf (z.B.60/55). Im selben Klassenzimmer wurden
gleichzeitig unterschiedlich warme Heizkörper gefunden
(heiß-kalt-warm- warm-lauwarm-...).
In etlichen Klassenzimmern war jeweils ein Heizkörper ganz auf
Null gestellt, unabhängig davon, ob die Thermostatventile erst
1998 oder schon früher auf Behördenmodelle umgerüstet worden
waren.
- Es gab Heizkörper, die auch noch bei Raumtemperaturen über
22°C vollflächig warm blieben.
- Von einigen Klassen wurde gemeldet, daß die Heizung bei
tiefen Außentemperaturen Pfeifgeräusche erzeugt.
Im Kunstraum U12 traten in der kalten Jahreszeit immer wieder
so starke Klopfgeräusche auf, daß ein vernünftiger Unterricht
nicht möglich war (Vertauschung von Vor- und Rücklauf?).
- Die Räume mit zeitweiliger Tagabsenkung" fanden sich
ausschließlich in den Bauteilen C und D ( 16 Räume).
- Bei einzelnen Räumen mit Tagabsenkung" überprüfte die AG
die Funktion der Heizkörperventile durch längeres Öffnen der
Fenster. Die Heizkörper blieben lauwarm, d.h., die Ventile
waren bereits voll geöffnet. Die Ursache der zu geringen
Raumtemperatur war also eine zu geringe Vorlauftemperatur des
Heizstranges.
Eine Überprüfung in der Übergabestation im Keller bestätigte
das: Die Ventile der vier Heizkreisstränge für Bauteil C und D
waren von Automatik auf Handbetrieb umgestellt, die Meßgeräte
zeigten für die vier Heizkreise in korrekter Weise
Vorlaufemperaturen zwischen 24°C und 40°C an.
- Eine Überprüfung der Funktionsweise von nicht voll
geöffneten Thermostatventilen ergab, daß bei direktem
Auftreffen von kalter Luft auf den Thermostat das Ventil
ziemlich schnell voll öffnet: Ein vorher lauwarmer Heizkörper
kann bei passender Vorlauftemperatur innerhalb von 2-3 Minuten
heiß werden. In einem großen Teil der Räume werden beim Lüften
die Thermostate voll von der kalten Luft getroffen, was auch
bei korrektem Stoßlüften nach Schließen der Fenster zu einer
vermehrten Wärmeabgabe der Heizkörper führt, unabhängig davon,
ob dies die Thermostatventile mit erneutem Schließen
beantworten oder nicht.
Die Wiedererwärmung der Raumluft nach dem Stoßlüften auf eine
als angenehm empfundene Temperatur ist nach Angaben der
Schüler meist nach wenigen Minuten abgeschlossen, die Abgabe
nicht benötigter Wärme durch überhitzte Heizkörper nicht. Das
Ergebnis ist eine überhöhte Raumtemperatur, die die Schüler
mit erneutem Öffnen der Fenster beantworten müssen...
- Die Kesselanlage fiel im Beobachtungszeitraum mindestens
zweimal komplett aus:
Am 17.3.99 waren die Heizkörper bereits um 22 Uhr kalt, in
vielen Räumen auch noch bei Unterrichtsbeginn am nächsten
Tag. In allen Klassenzimmern war es kalt (bis zu 13°C).
In den Osterferien fiel die Heizung eine ganze Woche aus, die
Sekretärinnen mußten bei Raumtemperaturen von 15°C
arbeiten.
Die Heizung meldete mehrfach eine Störung an (unzulässig hohe
Kesseltemperatur von über 90°C).
- Daß die Schule nicht nur für die Toiletten, sondern auch
für alle Fachräume (sie machen fast die Hälfte aller
Unterrichtsräume aus) eine Lüftungsanlage mit einem
Betriebsvolumenstrom von mehr als 33 000 m3/h besitzt, ist,
außer bei den Chemikern, im Kollegium praktisch
unbekannt. Entsprechend selten wird sie in den Fachräumen
aktiv eingesetzt. Inwieweit sie zeitweise zwangsweise läuft,
konnte der Energiespar-AG an der Schule niemand sagen.
Als der Hausmeister der Energiespar-AG die Anlage zeigte,
konnte man zwar erkennen, daß die Toilettenbelüftung auf
Dauerbetrieb gestellt war, also auch am Wochenende durchläuft
(bei teilweise auf 20°C eingeregelten Heizkörpern in den
Toiletten!). Warum ansonsten die Anlage nur teilweise in
Betrieb war, wie die Schaltzeiten für zwangsweise Belüftung
sind, war nicht in Erfahrung zu bringen. Insofern konnte auch
nicht abgeschätzt werden, wie hoch derzeit der tatsächliche
prozentuale Anteil des Abluftwärmeverlustes am gesamten
Lüftungswärmeverlust der Schule ist. Im Energiegutachten der
Ebert-Ingenieure wird eine tägliche Betriebszeit von fünf
Stunden genannt.
- Auf den Umfragebögen gab die Hälfte der Klassen an, daß
sich in ihrem Zimmer die Fenster nicht mehr bzw. nicht richtig
schließen lassen. Dabei handelte es sich meist um die
Oberlichten. Bei der Inspektion der Heizkörper hat die
Energiespar-AG insgesamt 11 defekte Thermostatfühler gefunden
(Aufstellung in Anlage 6).
- In einem Kellerraum auf der Südseite von Bauteil C befindet
sich ein Einschlagloch im Fenster, durch das kalte Luft
einströmt. Ein Einschlagloch findet sich auch im Raum E39.
- Die installierte Lampenleistung beträgt einschließlich der
Vorschaltgeräte insgesamt ungefähr 100 kW, davon entfällt etwa
die Hälfte auf Flure und Nebenräume. Von den Leuchtstoffröhren
auf den Fluren ist derzeit allerdings nur ein Drittel am
Netz.
In den bisher vermessenen Klassenräumen lag die
Beleuchtungsstärke wegen des Alters der Leuchtkörper
(Verschmutzung und Verblindung) unter DIN-Norm.
IV. Auswertung der erhobenen Daten:
Der Austausch der verstellbaren Thermostatventile durch
unverstellbare Behördenmodelle hat nicht den erhofften Erfolg
gebracht.
Nach der Theorie sollten die Ventile mit der vorgenommenen
Einstellung (Stufe3) bei zusätzlichem Wärmeeintrag ins
Klassenzimmer (Schüler, Sonne) für eine Raumtemperatur sorgen, die
zwischen den Werten 20°C und 22°C schwankt. Die Ventile müßten
insbesondere bei einer Raumtemperatur von 22°C vollständig
geschlossen sein.
Beides ist nicht der Fall (siehe Nr.III, Punkt 1,2, 3 und 6).
Im Gegenteil: Ein wesentlicher, energiefordernder Mangel der
Heizungsanlage ist die
1. Äußerst mangelhafte Regelqualität der Thermostatventile
Mögliche Gründe dafür sind
- der fehlende hydraulische Abgleich der Anlage
- eine möglicherweise falsch gewählte Heizkurve
zu 1.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, muß erwähnt weden, daß der
hydraulische Abgleich zwar eine Maßnahme ist, die für das
ordnungsgemäße Funktionieren einer Heizungsanlage unerläßlich ist,
und die deshalb in der VOB auch verbindlich vorgeschrieben wird,
daß sein Fehlen aber keine Besonderheit speziell unserer Schule
ist.
Der hydraulische Abgleich wird nach übereinstimmender Meinung der
von mir befragten Praktiker und Ingenieure im Einfamilienhausbau
fast nie und bei öffentlichen Gebäuden in höchstens 10% der Fälle
durchgeführt. Das Fehlen eines hydraulischen Abgleichs wird, wenn
nicht eine Funktionsmessung vereinbart wurde (gemäß VOB eine
Sonderleistung), bestenfalls vom Nutzer bemerkt, wenn
überhaupt.
Angesichts der genannten Zahl wäre es allerdings abwegig, beim
Fehlen des hydraulischen Abgleichs dem Planer und der ausführenden
Firma mangelde berufliche Sorgfalt zu unterstellen. Dagegen wäre
es nicht nur unter ökologischen sondern auch unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten lohnend, nach den Ursachen einer
solchen Entwicklung zu forschen.
Der hydraulische Abgleich trägt u. a. dem Umstand Rechnung, daß
unterschiedlich große Heizkörper auch unterschiedlich große
Volumenströme heißen Wassers erfordern: Die Ventile, auf die dann
die Thermostatfühler aufgeschraubt werden, müssen vorher so
gedrosselt werden, daß jeder Heizkörper für den Auslegungsfall
einen vorher zu berechnenden passenden Volumenstrom hat. Das
erfordert für jedes Ventil eine eigene Rechnung, die eine
Ingenieurleistung darstellt.
Folgen eines fehlenden hydraulischen Abgleichs:
Bei zu geringem Volumenstrom: Die Heizkörper werden nicht
ausreichend warm. Dies kann durch eine Überdimensionierung der
Pumpen und eine erhöhte Förderleistung kompensiert werden (erhöhte
Stromkosten!)
Bei zu starkem Volumenstrom: Bei zusätzlichem Wärmeanfall im
Klassenzimmer (Wärmeabgabe durch Schüler und/oder
Sonneneinstrahlung) kann das Ventil instabil oder chaotisch
werden, es kann zu langsam oder garnicht schließen. Es verliert
seine Fähigkeit zu regeln. Die Schüler müssen wegen Überhitzung
des Raumes Fenster öffnen, um zu überleben. Kalte Luft auf dem
Thermostatfühler veranlasst das Ventil, sich voll zu öffnen,
heißes Wasser schießt in den Heizkörper...
Indizien für das Fehlen des hydraulischen Abgleichs finden sich in
den bei Nr. III, Punkt 1, 2, 3, 5, 6 und 7 aufgelisteten
Meßergebnissen.
zu 2.
Die Heizkurve wurde von der Firma nach eigenen Angaben nach
Erfahrungswerten eingestellt. Eine Verbesserungsversuch mit
vorherigem Öffnen aller Ventile und nachfolgendem, stufenweisen
Einregulieren dürfte vermutlich erst dann erfolgversprechend sein
sein, wenn die Anlage hydraulisch abgeglichen wurde.
Ein weiterer energieschluckender Mangel der Anlage ist
2. Das Fehlen einer funktionierenden Nachtabsenkung
Der Grund für das Nichtfunktionieren:
In den Bauteilen C,D hat der Hausmeister nach eigenen Angaben
gegenüber der Energiespar-AG seit mindestens einem Jahr wegen
kaputter Regelung die Heizung im Handbetrieb gefahren und damit
mit der gesamten Regelungsautomatik auch die installierte
Nachtabsenkung außer Betrieb gesetzt.
In den Bauteilen A,B mußte mit der Umrüstung auf die DDC-Regelung
auch die Nachtabsenkung neu installiert werden. Auch hier wurde
lt. Firma, wie bei der Wahl der Heizkurve, die Einstellung
lediglich nach Erfahrungswerten vorgenommen, mit negativem Erfolg,
wie die Messungen zeigten. Eine stufenweise Einregulierung bei
voll geöffneten Ventilen wurde nach Angaben der Firma nicht
durchgeführt.
V. Bewertung der bei der Heizung aufgedeckten Mängel:
Nach den Erfahrungsberichten anderer Schulen wurde bei ähnlichen
Projekten bis zu 20% Heizenergie eingespart. Geht man davon aus,
daß dabei, wie bei uns, ein nicht unerheblicher Anteil der
Optimierung der bestehenden Anlage zuzuschreiben ist, ist ein
Einsparpotential von 10% für reines Nutzerverhalten sicher eine
realistische Grenze des Erreichbaren. Ob sie erreicht werden kann,
hängt auch davon ab, wieviel Mitwirkungsmöglichkeit die
Gebäudeausstattung dem Nutzer läßt. Bei verstellbaren
Thermostatventilen z.B., wie sie in vielen der Energiesparschulen
noch vorhanden sind, sind die Einsparmöglichkeiten naturgemäß
höher als bei uns.
Die Verluste durch die Gebäudehülle sind proportional zur
Differenz zwischen Innen- und Außentemperatur. Der Einfluß der
Außentemperatur läßt sich auf ein Jahr gesehen in grober Näherung
rechnerisch eliminieren. Dabei .werden auch die möglichen Gewinne
durch Sonneneinstrahlung in Ansatz gebracht. Nach dieser
sog. Witterungsbereinigung hängt der Verlust durch die
Gebäudehülle nur noch von den Innentemperaturen ab. Bei
feststehenden Ventilen kann der Nutzer diese nicht
beeinflussen.
Seine einzige Sparmöglichkeit besteht in einem sinnvollen
Lüftungsverhalten. Er kann nur dann sicher sein, seine
Sparanstrengungen in der Jahresabrechnung wiederzufinden, wenn der
andere Einflußfaktor, also die Innentemperaturen sowohl tagsüber
als auch während der Nachtabsenkung einigermaßen konstant
geblieben sind, und die in der Witterungsbereinigung
eingerechneten solaren Wärmegewinne nicht zum Fenster
hinausgelüftet werden mußten. Das bedeutet konkret, daß die
Schwankungsbreite der Temperaturen nicht über 2K liegen sollte, da
pro Grad Temperaturerhöhung sich der Energieverbrauch um 6%
ändert, was in der gleichen Größenordnung liegt, wie die mögliche
Energieeinsparung durch reines Nutzerverhalten.
Unter diesem Gesichtspunkt haben unsere Schüler wegen der völlig
ungenügenden Regelgüte der Anlage derzeit keine Chance, mögliche
Energieeinsparungen durch vernünftiges Lüftungsverhalten
nachweisen zu können.
Sie hätten auch dann wenig Chancen, wenn die Anlage befriedigend
regeln würde, denn es bleibt das Problem, daß während des
Stoßlüftens die Ventile aufmachen (siehe Nr.III, Punkt 10).
Wenn man nicht wieder zu regelbaren Ventilen zurückkehren will,
die sich während des Lüftungsvorganges zudrehen lassen, bleibt nur
der Einbau einer Einzelraumregelung, da diese die Ventile
selbsttätig zumacht, solange ein Fenster geöffnet ist. Eine
Einzelraumregelung ist nicht nur Voraussetzung für
energiesparendes Nutzerverhalten, sie spart drüberhinaus
selbsverständlich noch Energie (lt. Gutachten der Ebert-Ingenieure
rund 15%), weil sie gezielt nur für die Räume Energie anfordert,
die sie benötigen.
Die unzureichende Regelfähigkeit der Heizung beschränkt auch die
Möglichkeiten, stromsparendes Verhalten nachweisen zu können:
Ein Tag Zusatzheizung in Direktorat und Sekretariat mit den
Heizlüftern frißt mehr Energie, als 15 Klassenzimmer bei voller
Beleuchtung in einer Stunde verbrauchen!
Nach erfolgter Beleuchtungssanierung könnten damit dann sogar alle
Klassen das Licht eine Stunde länger brennen lassen (neue Lampen
brauchen trotz höherer Lichtleistung weniger Energie).
VI. Die von der Energiespar-AG erzielten Einsparungen:
Die Energiespar-AG kann zwar für dieses Schuljahr noch nicht mit
konkreten Energieeinsparungen aufwarten. Bei Beachtung der
Bedingungen des Prämienprogramms führt ihre Arbeit jedoch in den
Folgejahren zu dauerhaften Einsparungen:
Die Behebung der aufgezeigten Mängel ist eine nichtinvestive
Maßnahme, die allerdings Geld kostet. Ein Teil der Maßnahmen kann
vermutlich im Rahmen von Gewährleistungsansprüchen abgewickelt
werden. Der Rest würde sich nach grober Schätzung wohl innerhalb
der angegebenen 6 Jahre über die dadurch erzielten Einsparungen
amortisieren.
Der energetische Gewinn bei Durchführung eines hydraulischen
Abgleichs mit anschließender, möglicherweise verbesserten
Heizkurvenwahl ist schwer abzuschätzen:
Er setzt sich zu einem Teil aus dem Gewinn durch die Absenkung der
mittleren Tagestemperatur (>1K) und den eingesparten Stromkosten
für überhöhte Pumpenleistung zusammen. Der Hauptteil der
Einsparung dürfte aber von der Verminderung unkontrollierter
Lüftungen zum Zwecke der Temperatursenkung erzielt werden.
Der energetische Gewinn durch Installieren einer funktionierenden
Nachtabsenkung ist etwas leichter abzuschätzen:
Eine Absenkung der über alle Tage der Heizperiode gemittelten
Durchschnittstemperatur um 2,5K bis 3K würde einen Minderverbrauch
an Energie zwischen 15% und 18% bewirken, das ergäbe eine
dauerhafte Kostenersparnis von wenigstens 7000 DM jährlich und,
was noch viel erfreulicher ist,
eine Verminderung des CO2 Ausstoßes um 24t/a.
Um soviel CO2 klimaunschädlich zu machen,
müßte man rund um das
Gymnasium
1200 Fichten
pflanzen.
Pfuhl, den 23.6.1999
gz. Margit Fluch