Aus der Südwestpresse vom 30. November 1999
Umwelt: Heizungssanierungen verfehlen oft ihren Zweck.
Energie verpufft auch weiterhin
Untersuchung von Schülern des Bertha-von-Suttner-Schule
bringt es an den Tag
Heizungssanierungen in öffentlichen Gebäuden bringen
häufig nicht den Effekt, den sich die Auftraggeber
erhoffen. Weiterhin wird viel Energie ungenutzt
verschwendet. Dies hat eine Untersuchung von Schülern des
Pfuhler Gymnasiums im Rahmen eines kreisweiten Wettbewerbs
ergeben.
Der Kreis hatte seine Schulen angehalten, in ihren
Einrichtungen nach Möglichkeiten zu suchen, wie Energie
eingespart werden könnte. Eine preisgekrönte Arbeit legte
die Energiespargruppe am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in
Pfuhl vor. Sie zeigt nämlich auf, dass trotz
Sanierungsmaßnahmen immer noch viel Energie verschwendet
wird. Ihr Bericht vor dem Umwelt- und Werkausschuss brachte
auch schon ein konkretes Ergebnis: Das Pfuhler Schulzentrum
soll jetzt von Fachfirmen untersucht werden. Sollte es zu
einem Vertragsabschluss kommen, verpflichtet sich die
beauftragte Firma mit einem sogenannten Energie-Contracting,
einen bestimmten Prozentsatz Energie einzusparen. Gelingt
dies nicht, kann die Firma haftbar gemacht werden. Die
Kosten werden durch Reduzierung der Energiekosten wieder
reingeholt. In der bisherigen Praxis war die nicht möglich,
da die Firmen meist nur für den Einbau einer neuen
Heizungsanlage oder ähnlichem angeheuert wurden, nicht aber
um bestimmte Einsparungen zu erzielen. Man erhoffte sich
eine solche nur durch den Kauf neuer Anlagen. Die
Schülergruppe um Studienrätin Margit Fluch stellte in
ihren Untersuchungen fest, dass zum Teil erhebliche Schäden
an der Heizungsanlage im Landratsamt gar nicht gemeldet
worden waren. Schon deshalb wurde viel Energie verschwendet,
weil Ventile undicht waren, die Heizungsanlage
nichtordnungsgemäß funktionierte.
Aufwendige Messungen
Anhand von aufwendigen Einzelmessungen stellte die Gruppe in
enger Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Ulm und
Fachbetrieben weiter fest, dass die höchst
unterschiedlichen Temperaturen in den Räumen einen ganz
einfachen Grund hatten: Es hatte kein hydraulischer Abgleich
der Heizungsanlage stattgefungen, wie er eigentlich
vorgeschrieben ist (siehe Info).
So konnte es passieren, dass die Heizkörper am Beginn
des Kreislaufs zu viel aufgeheiztes Wasser erhielten, die
hinteren dafür zu wenig. Die Folge: Weil an den schwachen
Gliedern der Kette die Ventile immer geöffnet waren,
produzierte die Heizungsanlage mehr heißes Wasser als
notwendig. Aber dieses Wasser gelangte wegen des fehlenden
Abgleichs gar nicht bis in die hinteren Heizkörper.
Ein zweites Ergebnis der "akribischen
Untersuchungen" (CDU-Kreisrat Richard Ambs): die
Nachtabsenkung der Temperatur funktioniert nur auf dem
Papier. Die Gruppe wies nach, dass einige Räume bis zu
fünf Grad wärmer waren als vorgesehen. Allein durch diese
Vergeudung könnte eine Energieeinsparung von bis zu 20
Prozent erreicht werden, heißt es in der Arbeit der
Schüler. Konkret ausgedrückt bedeutet dies, dass 25 000
Mark zum Fenster pro Jahr hinaus geworfen werden.
Nach Ansicht von Studienrätin Margit Fluch liegt die
Crux in der Art, wie heute Aufträge vergeben werden.
Fachfirmen würden nur für einen bestimmten Teilbereich der
Heizungsanlage beauftragt, etwa den Einbau eines neuen
Brenners. Der würde aber Probleme in dem Gesamtkomplex
nicht lösen. Und die Firmen würden angesichts des harten
Wettbewerbs häufig darauf verzichten, den hydraulischen
Abgleich vorzunehmen. Eine Aussage die von einem
Fachingenieur bei der Sitzung bestätigt wurde. Richard Ambs
nannte das Ergebnis dieser Untersuchung, die im übrigen vom
Landkreis mit einem Betrag von 2 000 Mark honoriert wurde,
ein "Armutszeugnis für Heizungsbauer". Und für
den Grünen-Kreisrat Walter Döring brachte die Arbeit den
Nachweis, das ein Energie Contracting "dringend
notwendig ist. Auf uns kommt jetzt einiges an Hausaufgaben
zu." Denn Margit Fluch vermutet: Was für das
Schulzentrum Pfuhl gilt, gelte auch für die meisten anderen
Schulen im Landkreis. Und sie räumte auch mit einem
Vorurteil auf: Das Nutzerverhalten von Schülern und Lehrern
(Heizung abdrehen, nicht so oft Lüften) beeinflusst die
Energiekosten nur bis zu zwei Prozent.
Peter Schumann
INFO
Beim sogenannten hydraulischen Abgleich geht es darum,
festzustellen, wieviel Wasser ein Heizkörper benötigt, um
ausreichend zu funktionieren. Dies ist umso wichtiger, je
größer die Anlagen sind. Eine gleichmäßige Versorgung
mit Wasser spart Energiekosten.
Abgetippt von Carolin Ernst
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